Bücher für eine lebenswerte Zukunft



Fritz Zorn
Mars
Roman

Fischer, Frankfurt a/M 2000
ISBN 9783596222025
256 Seiten
Euro 8,95

 

 

Inhalt

"»Ich bin jung, reich und gebildet; und ich bin unglücklich, neurotisch und allein. Ich stamme aus einer der allerbesten Familien des rechten Zürichseeufers, das man auch die Goldküste nennt. Ich bin bürgerlich erzogen worden und mein ganzes Leben lang brav gewesen. Meine Familie ist ziemlich degeneriert, und ich bin vermutlich auch ziemlich erblich belastet und milieugeschädigt. Natürlich habe ich auch Krebs, wie aus dem vorher Gesagten selbstverständlich hervorgeht.« So beginnt der junge schweizer Autor, der sich Fritz Zorn nennt, sein Buch, und er beendet es mit dem Satz: »Ich erkläre mich als im Zustand des totalen Krieges.« Anfang und Ende sind die Klammern für einen dreißigjährigen seelischen Krieg in scheinbarem Frieden, sind der Schlüssel zu dem Bekenntnisbuch eines Sterbenden, das nach seinem Erscheinen weltweites Aufsehen erregte und zu einem Bestseller wurde. Es war aber nicht allein die Betroffenheit über das Schicksal des Icherzählers, der unmittelbar nach der Zusage zur Veröffentlichung seines Manuskriptes im November 1976 an jener Krankheit starb, die das Thema dieses Buches ist: an Krebs. Der Erfolg beruht auch auf der literarischen Bewältigung eines lebenslang geleugneten, allgemeingültigen Konflikts, der im Bewußtsein des Todes zur befreienden Kriegserklärung führt.
Als der 30jährige Millionärssohn und Gymnasiallehrer während einer psychotherapeutischen Behandlung von seiner tödlichen Krebserkrankung erfährt, gibt er sich Rechenschaft über ein Leben, das er nicht gelebt hat. Die Unausweichlichkeit des Todes ist der erste schmerzhafte Einbruch wirklichen Lebens, der physische Schmerz beginnt die »Unempfindlichkeit der Seele«, Ursache schwerer Depressionen und tiefer Traurigkeiten, hat ihren Ursprung im Elternhaus am Zürichsee, in jener gespenstigen Familie, in der man Patiencen legt, Berührungen vermeidet, jede Herausforderung von Realität unter der Magie des Rituals versteckt, jeden Anflug von Sexualität mit dem Begriff der Anständigkeit vertreibt. Der halbwüchsige Musterschüler, dann Musterstudent und schließlich ebenso musterhafte Lehrer, der weder Freundschafts- noch Sexualbeziehungen je gekannt hat, leidet unter dem ständigen Erstickungsgefühl, »eine Krähe am Hals zu haben«. Als der betrogene Körper dem Krebs verfällt, sieht Zorn darin nur die somatische Form seiner Neurose. Im Sterben setzt er sich zum erstenmal zur Wehr - gegen die Krankheit, gegen die familiäre und soziale Herkunft, gegen das Nichtlebendürfen."

Bewertung

Der Roman Mars von Fritz Zorn, der bei seinem Erscheinen im Jahr 1977 als autobiografischer Bericht gelesen wurde, gibt Einblicke in die Psyche eines Menschen ohne Beziehungserfahrung. So wird z. B. deutlich wie Ängste zum Scheitern bei der Partnersuche führen können (mehr hier).

In vielerlei Hinsicht ergeben sich Parallelen zu den Protagonisten in den Romanen von Michel Houellebecq. Insbesondere das Buch Elementarteilchen lädt ein zu zeithistorischen Vergleichen.
 

Einen Vergleich der Romane von Fritz Zorn und MIchel Houellebecq finden Sie hier.