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Die Themen des Beitrags

 

Einführung

Das Thema Partnersuche war früher ein Lieblingsthema fürs Frühjahr. Im Zeitalter des Internets hat sich das gewandelt. Das Rilke-Motto aus dem Gedicht Herbsttag hat ausgedient.

Herbsttag

"Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben"

Im Herbst hat die Partnersuche von zuhause aus Hochkonjunktur. Noch bis Ende der 90er Jahre galt das Internet und die Online-Partnersuche im medialen Mainstream als unseriös.

Der Spiegel sah 2006 die Gründung der Online-Flirtbörse "Dating Café" im Jahr 1998 als Geburtstunde eines gigantischen neuen Marktes, nämlich der seriösen Partnersuche im Internet.

Im letzten Jahr sollen gemäß Stuttgarter Nachrichten (06.10.2008) 6,3 Millionen Deutsche pro Monat in Singlebörsen auf der Suche gewesen sein [ mehr ]. Der Branchenverband Bitcom sieht den Markt weiter wachsen.

Zählt man dagegen die Mitgliederzahlen, die von einzelnen Partnerbörsen angegeben werden (z.B. auf der Website www.singleboersen-vergleich.de) zusammen, so ergibt sich ein Vielfaches an Partnersuchenden. Die Journalistin Judith Alwin, die 3 Jahre lang im Netz nach einem Partner gesucht hat, ist sich sicher, dass die hohen Zahlen vor allem dadurch zustande kommen, dass sich viele Partnersuchende gleich bei mehreren Single-Börsen anmelden.

Aber nicht nur die Online-Partnersuche, sondern auch die Suche über Kontaktanzeigen in Zeitungen und Zeitschriften floriert im Herbst. So hat beispielsweise das Magazin Neon im Oktober seine monatliche Rubrik Ehrliche Kontaktanzeigen von 2 Seiten auf ein ganzes Modeheft ausgeweitet. Wurden bislang 5-6 Singles vorgestellt, sind es nun 53 [ mehr ]. Die Berliner BZ startete am 14. September die Single-Serie "Bin Berliner, suche Liebe" [ mehr ], um den einsamen Berliner Herzen zu einem neuen Partner zu verhelfen.

Welche neuen Trends gibt es auf dem Partnermarkt? Diese Frage soll nun anhand von aktuellen Medienberichten und  Forschungen in Sachen Singles beantwortet werden. Anschließend  werden drei neu erschienene Ratgeber vorgestellt, mit denen Sie gut gerüstet sind für die Suche nach einem Lebenspartner.

Singles im mittleren Erwachsenenalter als Zielgruppe

Mit dem demografischen Wandel hat inzwischen ein Perspektivenwechsel stattgefunden: Nicht mehr die hippen Singles in ihren Zwanzigern, sondern die Singles im mittleren Lebensalter sind die Zielgruppe neuer Ratgeber und Sachbücher.

In ihrem im März erschienenen Buch Singles im mittleren und höheren Erwachsenenalter haben Stephan Baas, Marina Schmitt und Hans-Werner Wahl das mittlere Erwachsenenalter auf die Altersgruppe der 30-60Jährigen eingegrenzt. Dieses hervorragende sozialwissenschaftliche Buch behebt auch gleich ein Manko der bisherigen Singleforschung, die sich in erster Linie mit den Alleinlebenden befasst hat, statt mit Partnerlosen.

Spätestens im Jahr 2005 machte eine Single-Studie im Auftrag der Online-Partnervermittlung Parship darauf aufmerksam, dass Partnerlosigkeit und Alleinleben nicht das Gleiche ist [ mehr ]. Sozialwissenschaftliche Forschungen zur Partnersuche und zum Partnermarkt sind immer noch eine Seltenheit. In den Medien wurden in den letzten Jahren vermehrt Erkenntnisse einer Bamberger Forschungsgruppe um Hans-Peter Blossfeld diskutiert. Demnach gibt es auf dem deutschen Heiratsmarkt geschlechtsspezifische Ungleichgewichte [ mehr ].

Die gut gebildete Karrierefrau, die keinen (Ehe-)Mann abbekommt

Mitte der 80er Jahre machte in den USA eine Studie Furore, die einer Karrierefrau eine sehr geringe Heiratschance bescheinigte. "Eine Frau über 35 läuft eher Gefahr von einem Tiger gefressen zu werden, als einen Mann zu finden" lautete einer der vielen Sprüche zu diesem Thema. Einer Überprüfung 20 Jahre danach, hielt das jedoch nicht stand [ mehr ].

Die Erkenntnisse des Soziologen Hans-Peter Blossfeld haben nun eine vergleichbare Debatte in Deutschland ausgelöst. Von Focus [ mehr ] bis Stern [ mehr ] hat die Partnerlosigkeit der Akademikerinnen die Titelseiten erobert.

Bereits letztes Jahr ist das Buch Überlisten Sie Ihr Beuteschema von Stefan Woinoff erschienen, das diesen Heiratsengpass in den Mittelpunkt stellt [ mehr ].

Aber stehen die Chancen von Akademikerinnen tatsächlich so schlecht wie es die Medien verkünden? Oder werden wir in 20 Jahren auch unsere Meinung revidieren müssen?

Der Soziologe Josef Stauder spricht nicht von Heirats- sondern von Partnermärkten, denn wer alleinstehend ist, muss nicht partnerlos sein. Umgekehrt ist der Familienstand verheiratet angesichts hoher Scheidungszahlen kein Maßstab mehr für die Gebundenheit.

Die Verfügbarkeit partnerschaftlich gebundener Akteure für den Partnermarkt

"Entgegen üblicher Annahmen stehen auch nicht verheiratete Personen dem Partnermarkt nur sehr eingeschränkt zur Verfügbarkeit, wenn sie in einer Nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder einer festen Partnerbeziehung ohne gemeinsamen Haushalt zusammenleben. Umgekehrt stehen verheiratete Personen dem Partnermarkt mit bestimmbarer Wahrscheinlichkeit ebenfalls zur Verfügung. (2006, S.617)

Mittlerweile sind Phasen des Alleinlebens Teil des Normallebenslauf geworden. Dies hat weniger mit überzeugtem Single-Dasein zu tun, sondern mehr mit den veränderten Anforderungen des Arbeitsmarktes und einem gewandelten Paarideal.

Eine Forschergruppe um den Sexualwissenschaftler Gunter Schmidt hat diese Spätmodernen Beziehungswelten untersucht. Lange bzw. dauerhafte Singlephasen finden sich  insbesondere im höheren Erwachsenenalter bei Frauen. Im mittleren Erwachsenenalter gibt es dagegen nur eine Minderheit, die keinerlei Beziehungserfahrung hat. Menschen ohne Partnerschaftserfahrung finden sich häufiger unter den Männern als unter Frauen [ mehr ].

Effizienz statt Romantik bei der Partnerwahl?

Zeitdruck ist das Hauptmerkmal der Sandwich-Generation, wie jene Menschen im mittleren Lebensalter genannt werden, bei denen das Zeitfenster für die Partnerfindung und Familiengründung immer enger wird.

Glaubt man den Berichten der überregionalen Zeitungen, so beherrscht eine neue Ökonomie der Liebe das Kalkül der Partnersuche. Liebe muss sich rechnen, klagte jüngst Sabine Magerl im SZ-Magazin [ mehr ]. Ökonomen wie Hanno Beck ("Der Liebesökonom") haben den Partnermarkt entdeckt und erklären die Partnerwahl mittels ökonomischer Vokabeln. Die Soziologin Eva Illouz steht mit ihrem Buch Konsum der Romantik für diesen Trend der Vermischung von Ökonomie und Romantik [ mehr ]. Und in der wirtschaftliberalen FAZ beklagt Andrea Jaschke die marktwirtschaftlichen Regeln, die beim Online-Dating herrschen: "Ich biete, ich suche, und unter dem Strich muss die Bilanz stimmen".

Bereits vor 5 Jahren übertrug Rachel Greenwald die Gesetze des Marketing auf den Heiratsmarkt. Find a husband After 35 hieß der Bestseller aus dem Jahr 2003. In Deutschland wurde daraus Männerbeschaffungsstrategien [ mehr ]. Offenbar klang das dann doch zu ökonomistisch, so daß der Ratgeber neuerdings einfach Fang den Mann! heißt.

Speed-Dating trägt die Schnelligkeit bereits im Namen. 1999 von einem Rabbi in den USA erfunden, hat das Partnersuch-Verfahren mittlerweile auch in Deutschland Karriere gemacht, wie man bei Google leicht nachprüfen kann.

Pick-Up Artists verheißen schüchternen und unerfahrenen Männern ungeahnte Erfolge bei Frauen

Flirten gilt seit einigen Jahren in Deutschland als das A und O der Partnersuche. Wer den Flirt beherrscht, dem kann keine Frau widerstehen. Ausgerechnet Männer ohne Partnerschaftserfahrung scheinen jedoch Sprüchemachern, die sich Pick-Up Artists nennen, besonders gerne auf den Leim zu gehen. Die perfekte Masche nennt Neill Strauss seine viel gelesenen Bekenntnisse eines Aufreissers [ mehr ]. Unlängst widmete der Focus dem erfolgreichen Flirten eine Titelgeschichte [ mehr ]. Stefanie Rigutto zeigt dagegen in der Weltwoche, die negativen Folgen des Pick-Up Artists-Booms.

Anstoss, Rückzug, Dolchstoss

"Auf dem Musiksender MTV lief jüngst die Castingserie »The Pick-Up Artists«. Darin erhalten acht Verlierertypen Aufreisstipps von Profis, die Spitznamen wie Matador oder Mystery tragen. Wie Letzterer - laut US-Autor Strauss eine Koryphäe seines Fachs - eine Frau abkriegt, ist unerklärlich. (...). Seine Tipps sind Binsenwahrheiten wie »Frauen wollen Männer, die zuhören«. Der Tragik ganzen Ausmass wird einem bewusst, wenn die Aufreiss-Aspiranten aufs »Feld« dürfen. Sie müssen Frauen in einer Bar anbaggern - und tun dies mit auswendig gelernten Standardsätzen. Einer versucht es mit »Ich brauche eine Frauenmeinung. Mein Kollege behauptet, blablabla.« Und ein anderer sagt: »Habt ihr die beiden Girls gesehen, die sich draussen prügeln?« Und er fragt es nicht einmal, sondern immer und immer wieder, bei jeder Frau aufs Neue. Das letzte Quäntchen Würde pressen sie aus sich heraus, um endlich ein Date zu landen. Und nur einer der Jungs schafft es." [ mehr ]
(Weltwoche v. 12.06.2008)

Zwischen Flirt und Anmache besteht mitunter nur ein kleiner Unterschied, den der ungeübte bzw. unsensible Mann leicht übersehen kann. Nicht nur die Sätze müssen passen, sondern auch die Körpersprache und das sonstige Auftreten.

Eine andere Sorte von Flirt-Experten geizt nicht mit evolutionstheoretischen Erklärungen zum biologischen Auftrag. Demnach sind Weibchen während ihren fruchtbaren Tagen besonders flirt- also sexwillig. Dummerweise sieht Mann das den Frauen eher selten an, sonst bräuchte man ja keinen Flirt-Experten. Und mal ehrlich. Wer hat schon Lust die Anzahl der Hairflips (mit der Hand durchs Haar fahren) einer Frau zu zählen?

Okay, das war jetzt zugegebenermaßen etwas polemisch, denn ganz unnütz sind Flirt-Guides nicht. Man sollte wissen wie man auf andere wirkt. Das lernt man aber weniger aus Büchern als in der Praxis. Der erste Eindruck ist wichtig, aber er sollte nicht überbewertet werden.

Wem es nur um einen One-Night-Stand geht oder eine kurze Affäre, dem mögen Aufreiß-Fibeln unter Umständen weiterhelfen. Doch das Latein der Aufreißer endet dort, wo es darum geht, den Partner fürs Leben zu finden.

Der Morgen danach, so heißt ein Buch des französischen Soziologen Jean-Claude Kaufmann, der in seinen Forschungen den Prozess der Paarbildung untersucht hat. Auch in dieser Perspektive ist der Wert des ersten Eindrucks eher begrenzt. Ob eine Liebe entsteht oder nicht, entscheidet sich erst am Morgen nach der ersten gemeinsamen Nacht, so sein Credo. Discos, Partys oder Kneipenbesuchte sind die Orte, an denen solche Liebesgeschichten beginnen, die der Soziologe im Visier hat. Seine Fallgeschichten erzählen eher von jüngeren Singles, die noch keine Dreißig sind.

Abgesehen von den Menschen ohne Partnerschaftserfahrung, haben Menschen im mittleren Erwachsenenalter jedoch bereits Erfahrungen mit Partnerschaften und Trennungen bzw. Scheidungen gemacht, sodass die Partnersuche unter anderen Voraussetzungen stattfindet als beim ersten Mal.

Ratgeber für die Partnersuche im mittleren Erwachsenenalter

In diesem Jahr sind drei Ratgeber erschienen, die sich mit der gegengeschlechtlichen Partnersuche befassen und die ein breites Spektrum an Themen abdecken.

Die Ratgeber ergänzen sich ideal, weil sie zum einen unterschiedliche Schwerpunkte setzen und zum anderen auch unterschiedlichen Bedürfnissen nach Information und Unterhaltung entgegen kommen.

Zum Buch Suche einen für immer und ewig von Christian Thiel gibt es hier bereits eine ausführliche Rezension. Im Folgenden wird das Online-Dating in den Mittelpunkt gestellt. Das Buch von Thiel geht darauf nur auf 15 Seiten ein, dafür werden alternative Wege des Kennenlernens vorgestellt, die für Personen mit mehr Freizeit oder in Auszeiten vom Netz ebenfalls interessant sein können.

Suche einen für immer und ewig

"Haben Sie auf den vergangenen Seiten vielleicht einige moderne Strategien vermisst? Schließlich berichten die Medien doch immer wieder über ganz neue Varianten des Kennenlernens wie Speed-Dating oder Blind-Date-Dinner. Außerdem gibt es ja auch noch Singleklubs und Partnervermittlungen. (...). Sie versprechen kaum Erfolg - im Gegensatz zu den vorgestellten Strategien." (2008, S.151)

Das muss man nicht so rigoros sehen wie Thiel. Der gerade erst erschienene Ratgeber der Verbraucherzentrale Gesucht: Neue Liebe fasst die modernen Suchstrategien wie Speed-Dating oder Blind-Date-Dinner unter dem Begriff Single-Events zusammen. Zielgruppe sind großstädtische Singles ("Young Professionals"). Solche Veranstaltungen werden auch von Kontaktbörsen wie Dating-Café veranstaltet, sodass  sich Webaktivitäten und Single-Events durchaus sinnvoll ergänzen können.

Birgit Adam, die den Text des Ratgebers verfasst hat, spricht auch jüngere Altersgruppen an, die weder Thiel noch Judith Alwin im Blick haben. So werden z.B. schnelle SMS-Flirts vorwiegend von 15-25Jährigen genutzt.

Ins Netz gegangen

"Ins Netz zu gehen, damit der passende Partner ins Netz geht, ist derzeit absoluter Trend. (...). Alle Altersklassen sind dabei vertreten. Während die stärkste Gruppe, die unter 30Jährigen, sich und spaßgetrieben durch die WWWelt surft, stehen die 40-Plusler eher auf wackeligen virtuellen Beinen. Viele versuchen es erst gar nicht. Dabei ist die Online-Partnersuche gerade für die Best-Ager ideal, die aus beruflichen Gründen die Real-Partner-Pirsch zeitlich nur eingeschränkt betreiben können oder einfach keine Lust haben, beim nächtlichen In-Szene-Setzen den Altersdurchschnitt in den einschlägigen Lokalen in die Höhe schnellen zu lassen. Das sind gute Argumente, die auch mich überzeugt haben, ins Netz zu gehen. Mein Name ist Judith Alwin, 42 Jahre. Ich bin eine etwas »schräge« freiberufliche Mischung aus Journalistin, Model und Moderatorin." (2008, S.9)

Bei dem Buch von Judith Alwin handelt es sich um einen Erfahrungsbericht aus der Altersgruppe 40+. Der Untertitel Mein Online-Tagebuch sollte nicht zu wörtlich genommen werden. Das Buch ist nicht chronologisch, sondern thematisch geordnet, was der Lesbarkeit zugute kommt. Das Buch ist sehr unterhaltsam geschrieben und man lernt doch eine ganze Menge über die Partnersuche im Internet. Manchmal wird man an die TV-Serie Sex and the City erinnert. So gibt es ein Freundinnen-Quartett und der schwule Freund fehlt auch nicht.

Wer die Passagen von Christian Thiel über das Online-Dating liest, der wird  vieles bei Alwin wieder erkennen. Während aber Thiel oftmals nur kurze - aber brauchbare - Tipps gibt, werden sie bei Alwin anhand des konkreten Mailverkehrs und den dazu gehörigen Gedankengängen und Gefühlen leichter nachvollziehbar. So manche Frau wird sich bei Thiel nicht so ganz vorstellen können, was sie tatsächlich im Internet erwarten wird. Und so mancher Mann kann bei Alwin lernen, was Frauen auf keinen Fall gut finden.
            So weist beispielsweise Thiel darauf hin, dass sozial gehemmte Menschen oftmals lange E-Mails schreiben, obwohl nur eine kurze Mail angebracht wäre. Ein abschreckendes Beispiel, das offenbar ein Nerd verfasst hat (wenngleich diese mit der Technik keinerlei Probleme haben sollten [ mehr ]), lässt sich bei Alwin folgendermaßen nachlesen:

Ins Netz gegangen

CRAZY (57): »Auch das noch *stöhn* ... habe dir in meinem Schreibwahn zu viel hingekritzelt ... yahoo lehnt ab >NACHRICHT ZU LANG< ... shit ... hab's folgerichtig lesbar von hinten nach vorne gesplittet!!! ... also kannst du von hier aus herunterlesen ... viel Spaß!!! - part one- ... mein Browser ist grad abgeschmiert (irgend ne falsche Tastenkombination gedrückt) und ich war mit meinem Schreiben an dich praktisch fertig ... verfl ... OnlinE-Mail ... also noch mal alles in etwa so. Oh ... mein Gott ... Du süße Zaubermaus, WOOOOOOW!!! ... die Frau für's Leben suche ich ... Perspektiven zu zweit .... keine Hausbesitzerinnen oder sonst was ... das habe ich selbst ... zumindest noch ... Jetzt schalte ich diesen Rechenknecht an und sitze mal grübelnd vor deinem Profil und diesen von dir geleisteten Äußerungen - natürlich hast du vollkommen recht ... und ich bin absoluter Optimist, die Richtige zu finden ... spontan bin ich sowieso ... hmm, als Volltrottel hat mich jedenfalls noch niemand bezeichnet ... also hoffe ich auch auf irgendeine Antwort deinerseits. Fotos von mir habe ich grad mal aktuell vor kurzer Zeit hier hochgeladen ... hmmm ... Auch habe ich keinerlei Berührungsängste, dir zu schreiben ... ich wäre ja ein kompletter Trottel, wenn ich's nicht täte, um es nicht wenigstens zu versuchen!!! ... es wäre ja einfach saublöd, DICH zu ignorieren ... hihi ... Ansonsten ... *grml* ... baute mir meinen 1. Rechenblechtkasten 1983 und hier in meiner Butze liefen bis zu 6 von diesen selbstgebauten Blechkumpels im Rechenverbund über Netzwerk ... installiere und konfiguriere den Krempel natürlich mit links selbst, weil ich'n absolute Technikmacke habe. Und wenn ich dich so anschaue, vor allen Dingen deine tollen sternstrahlend blauen lachenden Augen, werde ich sowieso gleich blind. Deine Fotos schauen mich ... «

Es folgten weitere vier (!) Seiten. Ich war entsetzt und davon überzeugt: Am anderen Ende sitzt ein Verrückter. Einer der Momente im Leben, wo ich sehr dankbar dafür war, dass das Internet auch um mich den Mantel der Anonymität hüllt. (2008, S.153)

Wären solche Mails der Normalfall, dann hätte das Internet in den letzten Jahren seinen guten Ruf nicht erwerben können. Alwins Buch ist trotz dieses abschreckenden Beispiels ein Plädoyer für die Partnersuche im Internet. Also keine Bange, die anderen abgedruckten Mails sind kürzer, verständlicher und aufgrund des Wortwitzes der Autorin unterhaltsam.

Kriterienorientiertes contra fotoorientiertes Partnersuchmodell

Judith ALWIN unterscheidet beim Online-Dating zwischen einem kriterienorientierten und einem fotoorientierten Partnersuchmodell. Dies entspricht der Unterscheidung zwischen Partnervermittlung und Kontaktbörsen.

Gesucht: Neue Liebe

"Bei den Kontaktbörsen stellen die Nutzer und Nutzerinnen selbst ihr Profil (also die Kontaktanzeige) mit Foto ins Internet. Dann stöbern sie in den anderen Profilen auf der Seite und nehmen Kontakt mit denjenigen auf, die ihnen gefallen. Auch sie selbst bekommen Kontaktanfragen, die sie beantworten oder ablehnen können (...).

Bei einer Partnervermittlung füllen Nutzer und Nutzerinnen dagegen zunächst einmal einen umfangreichen Fragebogen aus, der - wie bei der Partnervermittlung »Parship« - bis zu 80 Fragen umfassen kann. Auf der Basis dieser Angaben sucht die Partnervermittlung passende Kandidaten oder Kandidatinnen aus, mit denen die Mitglieder in Kontakt treten können. Die Fotos stehen nicht allgemein zugänglich im Internet, sie werden erst zur Verfügung gestellt, wenn ein konkreter Partnervorschlag gemacht wird (2008, S.20f)

Während bei seriösen Zeitungsinseraten meist kein Foto verwendet wird, ist es beim Online-Dating genau umgekehrt. Ohne Foto erhalten Sie wesentlich weniger E-Mail-Zuschriften bzw. sehen sich weniger Besucher ihr Profil an. Das hat Alwin getestet. Ohne Foto hatte sie 50 Besucher pro Woche, mit Foto dagegen 50 pro Stunde.

Natürlich hat nicht jeder ein solch attraktives Äußeres wie Alwin vorzuweisen, weshalb bei den Fotos und Angaben zur Person oftmals geschummelt wird (so genannte Fakes). Auch wenn alle Ratgeber zur Ehrlichkeit raten, so hat das bislang offenbar wenig genützt, wie das Buch von Alwin deutlich macht.

Im Gegensatz zu Thiel oder der Verbraucherzentrale, findet Judith Alwin kostenlose- bzw. kostengünstige Kontaktbörsen besser als teuere Partnervermittlungen. Es ist auch eine Frage des Typs, ob man nun nervige Werbemittel wie Pop Ups, viele gefälschte Fotos und Angaben zur Person bei Kontaktbörsen in Kauf nimmt, dafür aber eine größere Auswahl hat, oder ob man lieber mit wenigen Angeboten Vorlieb nimmt, die dann meist seriöser sind. Ganz ausschließen lassen sich Fakes auch bei teueren Online-Partnervermittlungen nicht.

Die Wahl der richtigen Single-Börse ist entscheidend

Angesichts einer Zahl von ca. 2.500 Dating-Portalen im deutschsprachigen Raum ist die Wahl der richtigen Single-Börse entscheidend.

Im Buch der Verbraucherzentrale sind die wichtigsten seriösen Online-Kontaktbörsen (8) und Online-Partnervermittlungen (5) übersichtlich aufgelistet und mit Angaben zu Anzahl der Mitglieder, Verhältnis männlich/weiblich, Alter der Kernzielgruppe, Durchschnittsalter der Mitglieder, Kosten, Dienstumfang und Bewertungen versehen. Die Bewertungen entstammen entweder einem älteren Test der Stiftung Warentest aus dem Jahr 2005 oder aus neueren Angaben der Website www.singleboersen-vergleich.de.

Der nachfolgende Vergleich am Beispiel der Kontakt-Börse Finya zeigt, dass die verschiedenen Einschätzungen bisweilen etwas differieren, aber dennoch weitgehend übereinstimmen.

Website:

Singleboersen-Vergleich

"Die Kontaktbörse Finya ist eine der wenigen Kontaktbörsen, die kostenlos und trotzdem seriös ist. Auch verfügt sie über ein ausgereiftes Suchsystem. In den Profilen sind nicht nur Standardangaben über die Mitglieder zu finden (...).
Anzahl registierter Mitglieder: 650.000
Verhältnis männlich/weiblich 45:55
Alter der Kernzielgruppe: 25 bis 45 Jahre; Mindestalter 18 Jahre"
(2008, S.144)
"Laut www.datingjungle.de liegt das Portal im guten Mittelfeld der Gratis-Partnerportale. Finya bietet einen umfangreichen Service: Singlebörse, Fotovoting und Kontaktanzeigen sind hier vereint. Das Ganze ist sehr übersichtlich gestaltet, schnell und vor allem komplett kostenlos für alle.

Mein TIPP: Der Kostet-nix-Faktor ist ein Argument für Anfängerinnen". (2008, S.53)

Einstufung unter sehr guten und großen Kontaktanzeigen-Sites auf der Watch-List:

"Mitglieder: über 675.000 - Schwerpunkt Norddeutschland Kosten: weitgehend kostenlos nutzbar
Erster Eindruck: Eines der alteingesessenen Portale mit einer großen und eingeschworenen Usergemeinde. Viel Werbung!"
(Stand: 12.10.2008)

Judith Alwin sucht einen gleichaltrigen Partner in Hamburg, weswegen ihr Finya entgegenkommt, außerdem stört sie sich nicht an Werbung. Andere Partnersuchende werden aufgrund ihrer Partnerwünsche zu anderen Ergebnissen gelangen.

Da es bei Dating-Sites immer mal wieder zu Änderungen kommt, sollte man sich jedoch überzeugen, dass die Angaben noch stimmen. Das gilt insbesondere für ältere Ratgeber. Websites wie Single-Börsenvergleich haben hier Vorteile gegenüber Gedrucktem.

Auszeiten vom Netz sind wichtig für eine erfolgreiche Partnersuche

Nicht immer ist man gut gelaunt oder offen genug für neue Begegnungen, dann sollte man die Finger weg lassen vom Online-Dating. Alwin beschreibt in ihrem Buch mehrere solche Situationen, in denen die Partnersuche leidet. Beruflicher Stress, eine verhängnisvolle Affäre oder die Summe kleinerer Enttäuschungen wirken sich negativ aus auf unsere Offenheit im Umgang mit anderen. Das kann so weit führen, dass sogar ein potentieller Mr. Right bzw. eine potentielle Mrs. Right keine Chance hat. Wie lange eine solche Auszeit dauern kann, hängt von der jeweiligen Situation ab. Auszeiten sind auch gut, um Erfahrungen zu verarbeiten. Vielleicht erkennen Sie dann, dass Sie noch gar nicht reif waren für eine feste Partnerschaft.

Ins Netz gegangen

"Zu Anfang meiner Netzerfahrung hätte ich Stein und Bein geschworen, dass sich ganz sicher einen festen Partner suche. Das habe ich auch in mein Profil geschrieben. Tatsache ist aber, dass ich alle Männer toll fand, die nicht in räumlicher Nähe zu Hamburg wohnten. Ich fischte Männer aus Florida aus dem Netz, aus Zürich, Italien, Mexiko, den Azoren. Ja, sogar das australische Outback war vertreten. Ich habe nicht einen passenden Mann finden können, der im Raum Hamburg wohnte, und das deprimierte mich sehr. Diese Phase hielt über ein Jahr an. Der Einzige, der es geschafft hat, mir dabei wirklich nah zu kommen, war Luigi. Heute weiß ich, dass mein Unterbewusstsein ihn als »nicht gefährlich« eingestuft hat, weil auch er gar keine feste Partnerschaft suchte. Was ich ihm natürlich ziemlich übel nahm. (...). Es war eine Zeit, in der ich unbewusst immer noch einer verlorenen Liebe nachtrauerte, zu einer ernsthaften Bindung gar nicht fähig war. Trotzdem war ich überzeugt, ich würde seriös suchen." (2008, S.165)

Die Partnersuche im Internet ist mehr oder weniger anonym. Das erleichtert auf der einen Seite schüchternen und unerfahrenen Menschen das Kennenlernen, aber auf der anderen Seite leidet darunter das Benehmen. In E-Mails oder Chats herrscht ein anderer Umgangston als im Briefverkehr oder bei Begegnungen in der realen Welt. Davon kann man sich anhand der Beispiele in Alwins Buch leicht überzeugen, wenn man nicht schon selber Erfahrungen damit gesammelt hat.

Mit was Sie rechnen müssen

Der Wunsch nach einer festen Beziehung und nicht die Suche nach Seitensprüngen oder unverbindlichen Abenteuern ist das Hauptmotiv der Besucher von Dating-Portalen.

Das mag stimmen, aber gerade diejenigen, die keinen festen Partner suchen, sind besonders umtriebig, sodass sich auch auf seriösen Dating-Portalen Fremdgeher oder "Sexomanen" herumtreiben. Das Wildern in fremden Revieren gehört zum Geschäft.
          
Eine Passage aus dem Ratgeber Online-Dating von Eric Hegmann, Rubrik Tipps für Männer, weist auf ein mögliches Motiv hin, warum Frauen, die einen Lebenspartner suchen, auch bei seriösen Online-Datingportalen vor Seitenspringern nicht verschont bleiben. 

Online-Dating

"Eine Umfrage einer kommerziellen Dating-Plattform in den USA besagt, dass etwa 70 Prozent der Frauen im Internet einen Partner für eine feste Beziehung oder eine Ehe suchen, nur etwa 30 Prozent suchen einen One-Night-Stand oder eine Affäre. Bei den Männern ist es genau umgekehrt: 70 Prozent wollen Spaß, unkompliziert und ohne Verpflichtung, und gerade mal 30 Prozent steht der Sinn nach einer dauerhaften Bindung.
            Solche Zahlenspiele beweisen erneut: Frauen und Männer sind einfach verschieden in ihren Interessen. Für das Online-Dating bedeutet das: Sie sollten sich als Mann genau überlegen, wo Sie Ihre Netze auswerfen, wenn Sie dir richtigen Fische fangen wollen. Denn im One-Night-Stand-Gewässer konkurrieren Sie mit vielen Fischern um wenig Beute - und im Ehe-Revier wird der Jäger rasch zum Gejagten.
            
Damit will ich Sie nicht ermuntern, sich als heiratswillig auszugeben, um möglichst viele Angebote zu erhalten, die dann nur Ihren Jagdinstinkt befriedigen. Aber Ihre Erfolgsaussichten sind deutlich höher, wenn Sie mit ernsthaften Absichten das Thema Dating angehen. (2003, S.37f.)

Auch wenn heutzutage die Verhältnisse emanzipierter sind und Frauen Sex und Liebe ebenfalls öfters trennen. Ein Blick in den Ratgeber der Verbraucherzentrale zeigt z. B., dass Lovepoint unter Partnervermittlungen eingeordnet wird. Bei Singlebörsen-Vergleich läuft Lovepoint auch unter Seitensprung-Agentur. Des Rätsels Lösung: Lovepoint "vermittelt Kontakte aller Art" wie es bei der Verbraucherzentrale heißt.

Ein Blick auf die Geschlechterverhältnisse in den Rubriken Traumpartner/Erotisches Abenteuer zeigt, dass Seitenspringer im Revier der Traumpartner immer noch die größere Auswahl haben. (Verhältnis männlich/weiblich bei Traumpartner 36:64, bei Erotisches Abenteuer dagegen 59:41).

Auch mit pornografischen Zuschriften müssen vor allem Frauen rechnen. Diese sollte man nicht persönlich nehmen, wie die Verbraucherzentrale aufklärt, denn sie werden pauschal an alle Frauen gesendet, die bei einer Kontaktbörse angemeldet sind. Da hilft nur das Löschen der Mails.

Sowohl im Ratgeber der Verbraucherzentrale als auch bei Judith Alwin finden sich viele nützliche Tipps wie Frauen mit Belästigungen oder unhöflichem Verhalten am besten umgehen können.

Der Übergang vom Online-Flirt zum ersten persönlichen Treffen als Problem

Alles scheint zu stimmen. Das Foto zeigt einen attraktiven Partner. Der Mail-Verkehr und die Chats vermitteln ein gutes Gefühl. Als dann jedoch der erste Telefonkontakt hergestellt werden soll oder das erste Date ansteht, dann hört man plötzlich nichts mehr vom anderen. Was ist geschehen? Judith Alwin sieht in den Ängsten der Männer das Hauptproblem.

Ins Netz gegangen

"In Profilbeschreibungen von Männern kommt das Wort »ängstlich« nie vor. Es scheint aber eine ernst zu nehmende Charaktereigenschaft von ihnen zu sein, denn anders lassen sich manche seltsamen Verhaltensweisen nicht erklären. Vor allem nicht die hohe Ausfallrate bei einem ersten Treffen oder die hart erkämpften, aber dann doch nicht benutzten Telefonnummern. Auf die Idee, dass »Mann« Angst vor mir haben könnte, bin ich nicht mal selbst gekommen. Erst durch zahlreiche Mails zu diesem Thema". (2008, S.87)

Auf das Thema Partnersuchende und ihre Ängste wurde bereits in einem früheren Beitrag auf single-generation.de ausführlich eingegangen [ mehr ]. Auch auf Männer ohne Beziehungserfahrung als Problemgruppe wurde gesondert eingegangen [ mehr ].

Vermeiden Sie lange E-Mail-Flirts und treffen Sie sich so schnell wie möglich, empfiehlt Christian Thiel. Zu diesen Erkenntnissen kommt auch Judith Alwin im Laufe ihrer dreijährigen Partnersuche im Netz.

Wer nicht die gleichen Fehler machen möchte, der kann sich mit Hilfe der vorgestellten Bücher weitgehend vorbereiten. Eine Erfolgsgarantie gibt es natürlich auch beim Online-Dating nicht. Aber Judith Alwin ist überzeugt - auch wenn sie den Partner fürs Leben vielleicht noch nicht gefunden hat (das bleibt am Ende offen), dass ihr die Erfahrungen im Netz beim Überwinden eines falschen Männerbildes geholfen haben. Und das ist ja auch schon viel.

Fazit: Mit den Büchern von Christian Thiel, Judith Alwin und der Verbraucherzentrale sind Sie gut gerüstet für die Partnersuche im mittleren Lebensalter

Jeder der drei vorgestellten Ratgeber setzt andere Akzente, aber im Hinblick auf die Vorzüge und Nachteile des Online-Datings sind sie sich doch ziemlich einig. Die steigende Beliebtheit des Internets bei der Partnersuche war Grund genug, um sie hier in den Mittelpunkt zu stellen. Für viele spezielle Gruppen wie Bauern, Alleinerziehende, Christen oder Mollige gibt es spezielle Dating-Portale, die hier nicht extra angesprochen wurden, die aber auch zur steigenden Beliebtheit des Netzes beitragen.

Christian Thiel beschränkt sich in seinem Buch Suche einen für immer und ewig nicht auf die Online-Partnersuche und im Ratgeber Gesucht: Neue Liebe werden ebenfalls Alternativen zum Online-Daten aufgezeigt.

Der Ratgeber der Verbraucherzentrale Gesucht: Neue Liebe wendet sich auch an Jüngere und berücksichtigt Bedürfnisse von Lesern, die nicht auf der Suche nach einem Lebenspartner sind. Außerdem wird ausführlich darauf eingegangen was bei Verträgen zu beachten ist, mit welchen versteckten Kosten man rechnen muss, auf Abzocker und schwarze Schafe wird aufmerksam gemacht und auch technische Einführungen lassen sich finden.

Judith Alwins Buch Ins Netz gegangen vermittelt dagegen das Wissen übers Online-Daten auf unterhaltsame Art. Der Erfahrungsbericht ermöglicht Einblicke, die auf andere Weise so nicht  zu vermitteln wären.